Hauptstraße 14 (Vereinshaus, früher Rathaus und Schule)

Im Jahre 1833 wurde die Straßenverbindung von Steinbach nach Eschborn ausgebaut, allerdings nur bis zur Landesgrenze am Ortseingang und dem Abzweig in Richtung Rödelheim. Die Verbindung zum Abzweig nach Höchst fehlte noch.

Um dies zu ermöglichen, musste erst der innerörtliche Verkehr in Eschborn neu geregelt werden. Damals führte die Straße aus dem Dorf heraus in Richtung Steinbach noch durch die Neugasse. Man musste von der heutigen Hauptstrasse, die damals Pfarrgasse hieß, links an der Kirche vorbei durch die Neugasse nach Steinbach fahren. Die heutige Durchfahrt in der Hauptstrasse, geradeaus an der Kirche vorbei, war durch den die Kirche allseits umgebenden Friedhof unmöglich.

Westerbach bekam neues Bachbett

Um eine neue Verkehrsführung zu schaffen, entschloss sich Schultheiß Michel dem Westerbach in der Ortsmitte ein neues Bachbett zu geben. Außerdem ließ er eine neue, breite Brücke über den Bach bauen. Nur so konnte die Verbindung nach Steinbach innerörtlich problemlos geregelt werden.

Allerdings musste vorher der Friedhof rund um die Kirche aufgelöst werden. Ersatz wurde bald gefunden. Im Jahre 1837 kaufte die Gemeinde an der Steinbacher Straße einen Acker, auf dem der neue Friedhof  angelegt werden sollte. Auch die ev. Kirchengemeinde beteiligte sich an dieser Aktion, in dem sie das Gelände des alten Friedhofes rund um die Kirche, dessen Eigentümer die Kirche selbst war, kostenlos der bürgerlichen Gemeinde übereignete. Diese musste dann aber auch für die Unterhaltung des neuen Friedhofes aufkommen. Keiner konnte damals ahnen, wie der Schultheiß mit dem alten Friedhofsgelände, auf dem seit vielen Jahrhunderten die Eschborner ihre Toten bestatteten, umgehen würde.

Um die neue Durchgangsstraße (heute Hauptstrasse in Höhe der ev. Kirche) bauen zu können, verfügte Schultheiß Michel, dass ein Teil des alten Friedhofsgeländes dazu verwendet werden solle. Es kümmerte ihn wenig, dass deswegen vorher die Gräber der Toten entfernt werden mussten, was den Eschbornern viel Verdruss bereitete. Sie kannten die genaue Lage ihrer Toten, die bei dieser Aktion zum Teil noch recht unversehrt zu Tage kamen. Großer Unmut machte sich in der Bevölkerung breit.

Neues Schulhaus

Kaum waren 1839 die neue Straße samt Brücke über den Westerbach fertiggestellt und konnte benutzt werden, betrieb Schultheiß Michel eine andere Baumaßnahme, ein neues Schulhaus sollte errichtet werden.

Die alte Schule im Oberort war 1699 erbaut worden und platzte inzwischen aus allen Nähten. Das Gebäude in der Oberortstrasse 21 ist heute noch bewohnt und steht unter Denkmalschutz. Dort war nur für etwa 80 Schulkinder Platz, aber fast doppelt so viele (152) Schüler besuchten die Eschborner Schule. Es mussten deswegen einige Schüler im ehemaligen Rathaus, (heute Haus Hauptstrasse 13) unterrichtet werden. Um diesem Missstand abzuhelfen, musste unbedingt ein neues Schulhaus gebaut werden. Schultheiß Michel hatte auch dazu bereits eine Idee. Auf dem „Lindenplatz“, der Platz trug damals diesen Namen, weil dort die alte Dorflinde stand, der Mittelpunkt des alten Eschborn. Auf diesem Platz wurden bereits im Mittelalter Gericht gehalten, dem Landesherrn gehuldigt oder die Feste gefeiert. Auf diesem Platz und teilweise auf dem Gelände des alten Friedhofes, in der Verlängerung der ev. Kirche, sollte seiner Meinung nach die neue Schule errichtet werden.

Der Landbaumeister aus Höchst unterstützte Michel bei der Wahl des Platzes. Dieser sei zentral gelegen, mitten im Dorf, dicht bei der Kirche und dem Pfarrhaus, und das Grundstück gehöre bereits der bürgerlichen Gemeinde und müsse nicht erst erworben werden.

Pfarrer ergreift Partei

Im Frühjahr 1846 wurde mit dem Ausheben der Kellerräume und Fundamente begonnen. Wiederum sollten dazu zahlreiche alte Gräber verschwinden, was im Dorf erneut große Bestürzung auslöste. Der Pfarrer ergriff Partei für seine „Schäflein“ und verteidigte die Totenruhe. Der Schultheiß und die Herzoglich - Nassauische Regierung beharrten auf dem  Platz für die neue Schule, weil er so günstig liege. Als der Pfarrer dazu noch in einer Predigt öffentlich das Ausgraben der Leichen kritisiert, eröffnet die Regierung in Wiesbaden ein Verfahren gegen ihn und den örtlichen Lehrer. Man witterte revolutionäre Bestrebungen in Eschborn. Allerdings wird auch der Schulheiß ermahnt, er solle mit den umgebetteten Leichen pietätvoller umgehen. Die jüngeren Gräber mussten mit Würde umgebettet werden. Damit beauftragt wurde Andres Noll aus Sindlingen, mit dem der Schultheiß Michel und die Eschborner Gemeindeschöffen Heinrich Jung, Johannes Fritz und Peter Kunz im Mai 1846 eine schriftliche Vereinbarung über die Bergung der Toten abgeschlossen haben.

Noll verpflichtete sich darin, die „herausgegrabenen Leichen ganz vorsichtig und anständig“ zu behandeln und in einem neuen Grab wieder zu beerdigen. Für jede geborgene Leiche erhielt er 1 Gulden, insgesamt bettete er so 65 Tote um. Für einige der Leichen mussten vom Schreiner Andreas Kirchner neue Särge gezimmert werden, was dieser ebenfalls der Gemeinde in Rechnung stellte. Außerdem fielen noch Kosten für das Aufsammeln der Knochen aus anderen, älteren Gräbern an. Über 125 Karren voll „Knögelgen und Hirnschädeln“ kamen dabei laut Abrechnung zusammen, die ebenfalls wieder neu beerdigt werden mussten.

Nun sollte der Schulhausneubau begonnen werden. Die Kosten dafür waren mit 7000 Gulden veranschlagt. Die Gemeine Eschborn hatte allerdings nicht genügend finanzielle Mittel dafür zur Verfügung. Der Schultheiß musste vorher einen Kostenvoranschlag bei der Regierung in Wiesbaden einreichen. Auf der Einnahmenseite des Voranschlages standen Gelder, von denen noch nicht sicher war, dass sie auch eingingen.

In Eschborn viel bewegt

Schultheiß Michel kalkulierte nur mit erhofften Einnahmen, z. B.  in Höhe von 2.500 Gulden aus dem Verkauf des alten Schul- und Rathauses, 1.500 Gulden sollten durch einen extra Einschlag von 15.000 Stück Wellenholz im Eschborner Wald erlöst werden, 2.000 Gulden Darlehen stellte der Pfarrfonds der ev. Kirche zur Verfügung. Obwohl Michel die Baukosten sehr kühn bemessen hatte, ging seine Rechnung auf und das neue Schulhaus konnte gebaut werden.

Zwei Jahre später, 1848, konnte die Gemeinde sogar noch ein Wirtschaftsgebäude dazu bauen, mit einer Tenne, einem Raum für das Holz der Schule und des Lehrers samt einem Stall für das Vieh des Lehrers, zwei Kühe, einem Rind sowie einen Schweinestall und Platz für Hühner. Auch dazu war noch Geld vorhanden.

Schultheiß Michel hatte zwar viel bewegt in Eschborn. Er hatte mit seinen weitreichenden Plänen das Dorf  „modern“ umgestaltet und aus den alten Strukturen in eine neue Zeit geführt. Gedankt haben es ihm die Eschborner allerdings nicht. Trotz allem Fortschritt hatten sie ihm nicht vergessen, wie er mit ihren Toten umgegangen war. Im Zuge der revolutionären Ereignisse des Jahres 1848 verlor Michel sein Amt als  Schultheiß und musste sich in den Ruhestand zurückziehen. Wenige Jahre später, am 24. Juni 1854 verstarb er in seiner Heimatgemeinde. (Text von Gerhard Raiss)

Summertime, Konzert- und Theaterring oder Kinderkulturprogramm - die Veranstaltungen im Eschborner Kulturleben sind vielfältig. Eine Übersicht finden Sie [hier].