Geschichte und Besonderheiten des Eschborner Friedhofs

Vom Kirchhof zum "neuen" Friedhof

Jahrhundertelang wurden die Eschborner Toten auf dem Friedhof rund um die evangelische Kirche im Ortskern des alten Eschborn begraben, daher stammt auch die manchmal verwendete Bezeichnung „Kirchhof“. Bedingt durch verschiedene Umstände war es auf Dauer nicht mehr möglich, diesen alten Friedhof weiter zu belegen. Ein neuer Friedhof musste vorbereitet werden.

1837 kaufte die bürgerliche Gemeinde Eschborn an der Straße nach Steinbach ein Gelände, das als Friedhof ausgewiesen wurde.

Die letzte Beerdigung auf dem alten Friedhof an der Kirche fand am 15. Februar 1839 statt, es war die Beisetzung des Eschborner Pfarrers Johann Adam Rohm, der im Alter von 75 Jahre verstorben war und der im Angesicht „seiner“ Kirche begraben werden wollte.

Der neue Friedhof wurde am 3. März 1839, von Pfarrer Georg Ernst Will feierlich geweiht. Dann folgte, am selben Tag, die erste Beerdigung, es war die von Elisabeth May geb. Kunz, die im jungen Alter von 28 Jahren verstorben war. Ihr Vater war eine bekannte Persönlichkeit in Eschborn, der ehemalige Schultheiß und Landesdeputierte Johann Nikolaus Kunz. Damit war der neue Friedhof „in Betrieb“ genommen. Übrigens wurden die Leichen aus 65 Gräbern vom alten Friedhof auf den neu angelegten Gottesacker überführt und dort erneut beerdigt. Dies geschah auf ausdrücklichen Wunsch der Angehörigen.

Im Laufe der folgenden Jahrzehnte musste der Friedhof mehrfach erweitert werden, zuletzt 1983. Dabei wurde ein geschichtlich bedeutendes Gräberfeld aus der Alamannenzeit entdeckt, das aus dem 5./6. Jahrhundert nach Christus stammt.


Arten von Beisetzungen

In früheren Jahren wurden die Verstorbenen ausschließlich im Sarg als sogenanntes Körpergrab beigesetzt. Urnengräber gab es damals in Eschborn noch nicht. Diese modernere Art der Bestattung kam erst in den letzten Jahrzehnten auf.

Man unterscheidet bei den Erdgräbern zwischen Reihengräbern, die als Einzelgräber eine Ruhefrist von 25 Jahren ohne Möglichkeit der Verlängerung haben, und Familiengräbern, die eine Laufzeit von 40 Jahren haben – und die verlängert werden können.


 

Besondere Gräber auf dem Eschborner Friedhof

Wie im alltäglichen gesellschaftlichen Leben gibt es auch im Bereich des Eschborner Friedhofs Besonderheiten. Das sind z. B. Gräber von Personen oder Persönlichkeiten, die nicht an die allgemeinen Ruhefristen gebunden sind. Dazu zählen unter anderem alle Gräber von Kriegsopfern und Menschen, die im Zuge der Verfolgung im Dritten Reich umgekommen sind. Ihre Gräber genießen per Gesetz besonderen Schutz in Form eines „ewigen Ruherechts“.


Außerdem hat die Stadt Eschborn einer Reihe von weiteren Gräbern ebenfalls diesen besonderen Schutz gewährt. Voraussetzung dafür waren die Verdienste der Verstorbenen um die Gemeinde Eschborn. Stadtarchivar Gerhard Raiss hat Informationen über das Leben der Beigesetzten gesammelt und aufbereitet, die nachfolgend präsentiert werden.


Als besonderes Zeichen der Wertschätzung hat die Stadt Eschborn an den genannten Gräbern kleine Schilder mit einem Hinweis auf die darin Bestatteten angebracht.


Die evangelische Diakonisse Katharina Meurer war von 1907 bis zu ihrem Tode 1945 in Eschborn als Schwester tätig. Sie versorgte mit großem Engagement die Kranken und Alten in der Gemeinde. Viele begleitete sie auf dem Sterbebett. Sie war allseits sehr beliebt.

Als der Eschborner evangelische Pfarrer und Dekan August Mencke 1905 verstarb, hinterließ er ein besonderes Testament. Darin wurde u.a. festgeschrieben, dass aus seinem Nachlass Geldmittel in Höhe von ca. 20.000 Goldmark zur Errichtung einer Schwesternstation in Eschborn verwendet werden sollten. Mit dieser Summe wurde eine Stiftung gegründet, deren Zweck die Ausstattung und Unterhaltung einer örtlichen Schwesternstation war. Eine Diakonisse wurde zur Betreuung der Kranken und alten Mitbürgerinnen und Mitbürger eingestellt. August Mencke war für Eschborn ein Wohltäter.

Als örtliche Hebamme half Theresia Wolter über 3.400 Kinder in Eschborn auf die Welt zu bringen. Sie tat das mit großer Gründlichkeit und Verlässlichkeit. Selbst in den letzten Kriegsjahren 1944/45 war sie, zum Teil unter Tiefflieger-Beschuss, mit ihrem Fahrrad unterwegs, besuchte die Wöchnerinnen und stand ihnen bei.

Am 1. Mai 1906 trat Adolf Paul seinen Dienst als evangelischer Pfarrer in Eschborn an. Nach 46 Dienstjahren als Pfarrer, davon 26 Jahre in Eschborn, wurde er im April 1932 mit einem feierlichen Gottesdienst in der hiesigen Kirche vom damaligen Landesbischof Dr. Kortheuer verabschiedet.

Er betreute seine Gemeinde in der schwierigen Zeit des Ersten Weltkriegs und in der Zeit der wirtschaftlichen Depression in den 1920er Jahren.

Sein Sohn, Adolf Paul jun., der spätere Eschborner Ehrenbürger, folgte ihm als  Pfarrer im Amt in der Gemeinde nach.

Johann Heinrich Christoph war von 1882-1898 Bürgermeister der Gemeinde Eschborn. Vorher war er bereits von 1878 bis 1882 stellvertretender Bürgermeister.

Gauf war von 1913 bis zu seinem plötzlichen Tod 1917 der gewählte Bürgermeister von Eschborn. Er erfreute sich allseitiger großer Beliebtheit und musste, gerade in den schweren Jahren des Ersten Weltkriegs (1914-1918), zahlreiche Probleme in der Gemeinde stemmen. Sein Tod löste eine große Betroffenheit in der Gemeinde aus.

Von Beruf Schreiner, war Graf der erste gewählte hauptamtliche Bürgermeister nach dem Zweiten Weltkrieg (1946-1961). Er musste große Probleme meistern, so z. B. die Unterbringung und Versorgung der zahlreichen Heimatvertriebenen, Flüchtlinge und Evakuierten. Die Wohnungsnot war enorm und es gab große Schwierigkeiten bei der Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Brennstoff.

Erwähnenswert ist, dass an der Ecke des Friedhofs (Hunsrück-/ Oberurseler Straße) das Kriegerdenkmal von 1870/71 steht. Es stand bis in den 1950er Jahren direkt vor der evangelischen Kirche in der Hauptstraße, wurde dann aber hierher versetzt. Das Denkmal wurde 1888 vom Eschborner „Militärverein Siegeslust“ errichtet und soll an den deutsch-französischen Krieg von 1870/71 erinnern. In diesem Krieg sind zwei Eschborner gefallen, Nikolaus Gunzelmann und Jakob Johann Friedrich Nickel, die auf dem Denkmal namentlich erwähnt werden. Außerdem werden noch die Namen der damaligen Kriegsteilnehmer („Combattanten“) aus Eschborn genannt.

Bei seiner Errichtung war auf der Spitze des Denkmals ein preußischer Adler angebracht, der von der französischen Besatzung 1918 abgeschossen wurde und seither fehlt.


Auf der Ecke Hunsrückstraße/Oberurseler Straße steht ein zweites Kriegerdenkmal. Es ist ein schlichter Steinquader, der im September 1955 auf Veranlassung der Gemeinde Eschborn errichtet wurde und, außer den Jahreszahlen des Ersten und Zweiten Weltkriegs, die Inschrift „Unseren Gefallenen“ trägt.

 

Ergänzt wird das Gedenken an die Eschborner Gefallenen der beiden Weltkriege und der übrigen Opfer des Dritten Reiches mit einer Bronzetafel, die 1957 an der Außenwand des Kirchturms der evangelischen Kirche am Eschenplatz angebracht wurde. Auf dieser Tafel sind die Namen aller Gefallenen und Kriegsopfer namentlich vermerkt, auch die der im Zweiten Weltkrieg gefallenen Angehörigen der Flüchtlinge und Heimatvertriebene, die in Eschborn eine neue Heimat gefunden haben.

Im Jahr 1942, mitten im Zweiten Weltkrieg (1939-1945), ging in der Nacht vom 25./26. August eine schwere Bombe (Luftmine), die eigentlich Frankfurt hätte treffen sollen, in Eschborn in der Neugasse auf dem Bauernhof der Familie Hill nieder. Dabei kamen alle Mitglieder der Familie Hill ums Leben: Berta (1909-1942), Wilhelm (1899-1942), Irene (1934-1942) und die Großmutter Johanna (1872-1942), außerdem der polnische Zwangsarbeiter Wladislav Przeklasa (1924-1942). Sie alle gelten als Kriegsopfer mit ewigem Ruherecht.

Maria Jakowskaja war eine Zwangsarbeiterin aus Russland, die in Eschborn in der Bäckerei Rapp im Laden arbeitete. Sie stammte aus Sikankoni/Krim, Russland. Sie verliebte sich in einen polnischen Landsmann, der sie dazu anstiftete, Brotmärkchen zu stehlen, die er auf dem Schwarzmarkt veräußern wollte. Ohne diese Brotmärkchen (Lebensmittelkarten) konnte man damals kein Brot kaufen. Als der Diebstahl bemerkt wurde, rannte sie in ihr Zimmer im Dachgeschoss der Bäckerei und erhängte sich aus Angst vor einer Bestrafung. Der Bäckermeister versicherte, dass er sie auf keinen Fall anzeigt hätte, da sie eine freundliche, hilfsbereite Mitarbeiterin war. Ihr Grab gilt als Kriegsgrab und genießt ewiges Ruherecht.

Als junger Mann kam Wladislav Przeklasa als Zwangsarbeiter im Alter von 18 Jahren nach Eschborn, wo er auf dem Bauernhof der Familie Hill in der Neugasse arbeitete. Er wohnte bei den Hills und hatte ein eigenes Zimmer unter dem Dach. Als in der Nacht vom 25./26. August 1942 eine schwere Sprengbombe (Luftmine) das Anwesen Hill traf und völlig zerstörte, wurde er, zusammen mit der Familie Hill, getötet. Er wurde unter großer Anteilnahme der Eschborner Bevölkerung auf dem hiesigen Friedhof beerdigt.

Wasiljew Nikolay kam als Zwangsarbeiter aus Polen nach Eschborn, wo er auf einem Bauernhof arbeitete. Am 29.  März 1945 erreichten die amerikanische Truppen Eschborn. In dem Augenblick waren alle Zwangsarbeiter befreit und konnten sich auch frei bewegen.

Zusammen mit seinem Freund Stanislav Kwiatkowski machte er sich auf den Weg nach Frankfurt-Höchst, wo sie sich mit Landsleuten am Bahnhof trafen. Dort stand ein Kesselwagen mit Methylalkohol, der von den Befreiten, die in Feierlaune waren, angezapft wurde. Der hochgiftige Methylalkohol führte bei über 70 Polen und Russen zu tödlichen Vergiftungen, so auch bei den beiden Polen aus Eschborn. Unter heftigen Schmerzen verstarben sie einen Tag später und wurden in Eschborn beigesetzt.

Er war Ziegelmeister auf der Hochtief Ziegelei (heute Helfmann-Park) in Eschborn.

Bei einem Luftangriff im März 1944 wurde er durch eine Bombe so schwer verletzt, dass er wenige Tage später an den Folgen verstarb. Er hinterließ seine Frau und fünf Kinder.

Der Bruder des Eschborner evangelischen Pfarrers Adolf Paul. jun., ist ein Gefallener des Zweiten Weltkriegs. Er verstarb 1941 an den Folgen seiner Kriegsverletzungen im Reservelazarett Thorn/Westpreußen und wurde nach Eschborn überführt.

Der Panzer-Grenadier Heinz Weinbrenner war der Sohn des damaligen Eschborner Bahnhofsvorstehers August Weinbrenner. Er erlag seiner Kriegsverwundung im Lazarett Bohonitz, Brünn/Mähren. Er wurde nach Eschborn überführt.

Der Matrose Ludwig Eck ist am 19. Juni 1944 bei Bedburg-Hau, Kreis Kleve, Niederrhein, gefallen und nach Eschborn überführt worden.

Der Vater Fritz Christ fiel kurz vor Kriegsende, ebenso wie seine beiden Söhne Wilhelm, genannt Willi, und Rudi bei einem Kriegseinsatz. Fritz Christ fiel als Volkssturmmann am 28. März 1945 bei Rüddingshausen/Oberhessen. Sein Sohn Willi Christ fiel als Funker am 25. Februar 1945 bei Spicheren (Lothringen), Frankreich und der Sohn Rudi als Jäger (militärischer Rang) am 25. April 1945 bei Budrio in der Nähe von Bologna in Italien. Alle drei wurden nach Eschborn in ihre Heimat überführt und hier beerdigt.

Im jungen Alter von nicht einmal 19 Jahren ist er, als Fallschirmjäger, in Veen/Rheinland in den letzten Kriegstagen gefallen. Seiner Familie gehörte eine Gärtnerei in  Eschborn. Die Eltern holte ihn heim und ließen ihn in Eschborn beisetzen.

Im Zweiten Weltkrieg gab es auf Eschborner Gebiet nahe der Autobahn einen deutschen Militärflugplatz. Dort wurden Piloten auf Lastenseglern ausgebildet. Im Zuge dieser Ausbildung stürzte am 26.06.1941, vielleicht durch einen Pilotenfehler, ein Lastensegler ab. Alle 7 Insassen kamen dabei ums Leben, so auch Willi Sonnenstuhl. Da er aus Heiligenbeil in Ostpreußen stammte und man in der damaligen Zeit, kriegsbedingt, den Sarg mit dem Leichnam nicht in die Heimat überführen konnte, wurde er auf dem Friedhof in Eschborn mit militärischen Ehren bestattet.

In den letzten Kriegstagen 1945 wurde zwischen Eschborn und Schwalbach ein deutsches Jagdflugzeug abgeschossen. In den Trümmern fand man einen unbekannten deutschen Soldaten, der nicht eindeutig identifiziert werden konnte. Er wurde auf dem Eschborner Friedhof als „Unbekannter Soldat“ beigesetzt.