"Untitled Installation #56" von Hanneke Beaumont

© Wolf-Dietrich von Schlieffen

„Untitled (Installation #56)“ besteht aus zwei in Haltung und Bewegung identischen Menschen, die voneinander abgewandt auf Bänken Platz genommen haben. Sie drehen sich einander zu und strecken dabei jeweils einen Arm in Richtung ihres Gegenübers. Sie nehmen sich zwar gegenseitig wahr, jedoch schauen sie sich nicht an und ihre Blicke gehen ins Leere. Ihre vorsichtige Zurückhaltung und gleichzeitige Anziehung und Annäherung drücken die Figuren in ihrer ganzen Erscheinung über die trennenden Bänke hinweg aus. In Aussehen, Haltung, Gestik und Mimik sind die beiden Figuren nicht zu unterscheiden, denn es handelt sich um zwei identische Abgüsse einer in Ton modellierten Figur. In ihrer doppelten Positionierung im Raum verkörpert die Figur das Gefühl der Entfremdung. Die trennende Lücke zwischen den Bänken symbolisiert Isolation und deutet die Einsamkeit des Einzelnen an.
Der Mensch steht im Mittelpunkt des bildhauerischen Werks der niederländischen Bildhauerin Hanneke Beaumont. Ihre überindividuellen Figuren, die weder Männer noch Frauen darstellen, tragen immer einfache, zeitlose Gewänder. Diese bedecken die Leiber wie eine zweite Haut und unterstreichen den einheitlichen, geschlechtlosen Körpertypus. Die Gesichter sind keine Porträts und die Figuren werden auch nicht nach idealisierten Vorbildern modelliert. Beaumont arbeitet in ihren Menschendarstellungen mit einfachen, stilisierten Formen und typisierten Darstellungen von Gesichtern und Körpern. Ohne ihre Figuren äußerlich emotional erscheinen zu lassen, konzentriert sich die Bildhauerin auf innere Seelenzustände des Menschen. Durch die zurückgenommene Mimik und die zeitlose, überindividuelle Erscheinung kann „Untitled (Installation #56)“ zum Spiegel für eigene Stimmungen und Emotionen der Betrachter*innen werden.

Bildergalerie

    Hanneke Beaumont wurde 1947 in Maastricht, Niederlande, geboren. Nach einem Studium in den USA kehrte sie nach Europa zurück und ging nach Belgien. Beaumont begann ihr Kunststudium an der Académie des Arts de Braine l’Alleud und setzte dann ein Bildhauerstudium an the Ecole Nationale Supérieure de La Cambre und an der Hogere Rijksschool voor Beeldende Kunsten in Anderlecht fort. Der internationale Durchbruch als Bildhauerin gelang Beaumont 1994 mit der Auszeichnung ihres Werkes „Le Courage“. Ihre Arbeit „Stepping Forward“ ist in Brüssel vor dem Sitz des Rats der Europäischen Union installiert. Seit 2005 haben verschiedene Museen Retrospektiven zu Hanneke Beaumonts Bildhauerkunst präsentiert, u.a.: Museum Beelden an Zee, Scheveningen; Frederik Meijer Gardens & Sculpture Garden, Grand Rapids, USA; The Baker Museum, Naples, USA. Weltweit ausgestellt sind ihre Werke in zahlreichen privaten und öffentlichen Sammlungen zu finden. Hanneke Beaumont lebt und arbeitet in Pietrasanta, Italien und in Middelburg, Niederlande.