Kunst-Workshop „Ansichtssachen“ in der Villa Luce

In der ersten Juniwoche wurde es international in der Villa Luce, denn am inklusiven Workshop der Sommerwerkstatt nahmen auch Gäste aus den Partnerstädten Montgeron in Frankreich und Póvoar de Varzim in Portugal teil.

So waren jeweils zwei Teilnehmer mit Beeinträchtigungen und ihre Betreuer angereist und erlebten unter dem Motto „Ansichtssachen“ eine abwechslungsreiche Woche – gemeinsam mit den Kunstfreunden der Villa Luce und zwei Mitgliedern der Niederhöchstädter Theatergruppe „Die Altstarken“. Im Garten der Villa waren unter den alten Bäumen ein paar Tische und Bänke sowie Zelte aufgebaut, außerdem einige Staffeleien, und zur Freude aller spielte das Wetter einigermaßen mit – kleiner Sturm und „Schneeschauer“ aus Blüten inklusive. Auf dem Programm stand Malen, ob mit Acryl- oder Gouachefarben oder gar Buntstiften, ob auf Papier oder Leinwand. „Jeder hat sich ausgesucht, mit was er malen oder zeichnen wollte, und die waren da auch sehr schnell selbständig und haben eingefordert, was sie brauchen“, erzählt Eva Keller-Welsch, die den Workshop leitete. Seit über 25 Jahren ist sie in der Villa Luce als Heilpädagogin und Betreuerin tätig und organisiert seitdem die Sommerwerkstatt. Kunst gehört für sie in der Villa zum Alltag, und jeder darf seiner Leidenschaft nachgehen, sich künstlerisch auszudrücken.

„Am ersten Tag sind wir durch Eschborn spaziert beziehungsweise gefahren, um möglichst viel zu sehen und einige Orte zu erkunden. Alle sollten sich anschauen, was ihnen besonders gut gefällt oder sie in irgendeiner Form beeindruckt.“ Diese Eindrücke galt es dann, bildnerisch festzuhalten beziehungsweise kreativ umzusetzen. Ganz vorne auf dieser Hitliste der riesige rote Stuhl des Möbelhauses, der natürlich jedem ins Auge fiel. Auch der große schwarze Schwan am Oberen Weiher nahe der Heinrich-von-Kleist-Schule und die drei Säulen am Weiher in der Pfingstbrunnenstraße sind besonders in Erinnerung geblieben. Selbst Details an oder im Garten der Villa haben es auf die Kunstwerke der Teilnehmer geschafft. „Sie haben halt das umgesetzt, was und wie sie es wollten, selbst wenn es ‚nur‘ ein Apfelbaum war“, erklärt Keller-Welsch. So entstand unter anderem ein Bild eines Baumes, für das die Skulptur „Versatzstück“ – eine Pappel wächst aus einem 2,50 m hohen Blumentopf aus Terrakotta – Pate stand: Als Blätter hatte jeder seine Fingerabdrücke in grüner Farbe hinterlassen. Die Betreuer assistierten bei der Auswahl der Materialien und gaben Tipps für die Bildgestaltung, außerdem waren sie manches Mal als Übersetzer gefragt.

Grundsätzlich wäre allerdings die Sprachbarriere kaum ein Problem gewesen, versichern alle. Die ganze Woche sei super harmonisch verlaufen, und alle hätten sich sehr gut verstanden und voneinander profitiert. „Es hat keinen Streit gegeben, und wir haben uns extra viel Mühe gegeben, und die Bilder sind sehr schön geworden“, bestätigt eine sichtbar stolze Teilnehmerin. Auch der Niederhöchstädter Künstler Michael Jäck, der ebenfalls als Kunstassistent für Menschen mit Beeinträchtigungen ausgebildet ist und den Workshop ehrenamtlich begleitet hat, schwärmt von der angenehmen Atmosphäre: „Genau das soll ein Workshop ja auch sein: ein Austausch und ein Miteinander, um das Gefühl dafür zu entwickeln, wie die anderen arbeiten und solche Dinge wie die Malerei angehen.“ Neben der kreativen Arbeit waren auch gemeinsame Ausflüge eingeplant, und so ging es nach Frankfurt, in den Rheingau oder auch mal ins Main-Taunus-Zentrum.

Am Abschlusstag wurde in einer Reflektionsrunde Rückschau gehalten, und alle bekamenein kleines Erinnerungsgeschenk mit vielen Fotos der Woche. Jeder Künstler durfte dann entscheiden, welche seiner Bilder in der Ausstellung gezeigt werden. Keller-Welsch muss über die Auswahl so manches Mal schmunzeln, aber lässt ihre Schützlinge gewähren.

Die Stadt Eschborn hat nicht nur die Materialien für den Workshop, sondern auch die Unterbringung und Verköstigung der Teilnehmer sowie die Ausflüge finanziell ermöglicht, wofür Keller-Welsch sehr dankbar ist.

Die Kunstwerke werden in der Ausstellung „Ansichtssachen“ bis zum 28. Juni in der Galerie am Rathaus (jeweils Di und Do 15-18 Uhr sowie nach Vereinbarung: 06196/490-334, kultur@eschborn.de) gezeigt.

Mittelpunkt der ausstellung ist das Gemeinschaftsbild. Auf großer weißer Leinwand hat jeder verewigt, was beim Spaziergang durch Eschborn besonders aufgefallen ist und am stärksten beeindruckt hat. So ist eine bunte und sehenswerte Collage entstanden, die natürlich den roten Stuhl und die drei Säulen zeigt, aber beispielsweise auch das Museum ist zu erkennen. Dieses Gemälde wird es als Juni-Motiv sogar in den Kunstkalender „Eschborner Hingucker 2020“ schaffen, der Bilder von Künstlern aus der Sommerwerkstatt präsentiert.

Teilnehmer des Workshops:

  • Céline Guilloux (Betreuerin)
  • Pauline Blanche (Betreuerin)
  • Mélanie Chauvin (Teilnehmerin)
  • Sonia Matabishibi (Teilnehmerin)
  • Raquel Liliana Morais Pessoa Moreir Ribeiro (Betreuerin)
  • Rui Jorge Pinto Bessa do Nascimento Melão (Betreuer)
  • Ana Palmira Fernandes Teixeir (Teilnehmerin)
  • Domingos Manuel Dias Pereira Veloso (Teilnehmer)
  • Wiltrud Schüßler (Theatergruppe „Die Altstarken“)
  • Brigitte Schneider-Hänel (Theatergruppe „Die Altstarken“)
  • Gerd Grünhagen (Künstler)
  • Doris Schwager (Künstlerin)
  • Rolf Trappen (Künstler)
  • Ravi Arora (Künstler)
  • Waldemar Kozuschek (Künstler)
  • Andrea Martin (Künstlerin)
  • Eva Keller Welsch (Betreuerin und Kunstassistentin)
  • Michael Jäck (Betreuer im Ehrenamt und Kunstassistent)
  • Polly Bischoff (Betreuerin und Kunstassistentin)