„Muss ich ins Gefängnis, wenn ich Schulden habe?“

Thomas Bruckmann von der Schuldnerberatungsstelle des Main-Taunus-Kreises kennt typische Fragestellungen älterer Mitbürgerinnen und Mitbürger

Sind Einkommen und Vermögen bei Senioren und Seniorinnen insbesondere bei knapper Kasse eher Tabuthema?

Gerade das Thema Verschuldung ist leider generationenübergreifend noch ein Tabuthema. Sich mit seinen finanziellen Sorgen zu offenbaren, ist oft schon innerhalb der Familie oder gegenüber befreundeten Personen sehr schambehaftet und wird daher zumeist vermieden. Wenn es sich dann sogar um eine fremde Person in einer Beratungsstelle handelt, ist das für viele ein großes Hemmnis. Wir von der idh Schuldnerberatung versuchen allerdings, den Menschen diese Ängste zu nehmen. Wir zeigen, dass wir keinerlei moralische Bewertung vornehmen und die individuellen Nöte jedes Einzelnen sehr ernst nehmen.


Wann und wieso geraten ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger überhaupt in eine Schuldensituation?

Die Gründe für eine Verschuldungssituation im Alter sind vielfältig, hängen aber oft mit den demographischen Umbrüchen zusammen. So beginnen die Probleme häufig kurz nach dem Tod der Partnerin bzw. des Partners oder bei Eintritt in den Ruhestand, wenn sich das Einkommen merklich reduziert. Eventuell schon bestehende Schulden, die bislang aus den laufenden Einnahmen mehr oder minder bedient werden konnten, wachsen nun weiter an, da mit Beginn der Rentenzahlungen auf einmal nicht mehr genügend Mittel vorhanden sind.


Werden in langjährigen Ehen die Finanzen gemeinsam verwaltet, wissen beide Partner Bescheid?

Dies ist individuell sicher unterschiedlich, doch es kommt nicht selten vor, dass einer von beiden sich um alles gekümmert. So gibt es zahlreiche Fälle, in denen Menschen nach dem Tod der Partnerin bzw. des Partners anfänglich sehr unsicher in finanziellen Fragen sind und schnell an Selbständigkeit gewinnen – aber erst dann von vorhandenen Schulden erfahren und lernen müssen, damit umzugehen.


Welche Fehler machen ältere Mitmenschen, die bereits Schulden haben, Ihrer Erfahrung nach häufig?

Gerade Seniorinnen und Senioren sind im Umgang mit Geldforderungen häufig zutiefst verunsichert, bekommen Existenzängste und wollen nichts „falsch“ machen. So höre ich zum Beispiel oft Fragen wie „Muss ich unter Umständen ins Gefängnis, wenn ich nicht bezahlen kann?“. Teilweise fehlt es auch an einer sinnvollen Priorisierung von offenen Forderungen, denn wichtig ist natürlich, dass man vorrangig seine Miete und Energierechnungen bezahlt, um die Wohnung nicht zu verlieren.

Immer wieder kommt es auch vor, dass eingehende Rechnungen zunächst einfach weggelegt werden – vermutlich in der Hoffnung, dass der Gläubiger nicht mehr darauf zurückkommt. Wenn dieser dann aber Inkassounternehmen einschaltet und Mahnschreiben ins Haus flattern, sind viele Menschen bereit, den Forderungen schnell nachzukommen. So lässt man sich aus lauter Angst vor drastischen Konsequenzen zur Zahlung von Kleinstraten überreden, weil mit dem Gerichtsvollzieher oder gar mit einem Haftbefehl gedroht wird.


Wie sieht Ihre Beratung ganz konkret aus?

Neben den offenen Sprechstunden (s. Kasten) finden vereinbarte Beratungstermine in der Regel in unserem Büro in Hofheim statt. Manchmal hilft es ja schon, wenn wir einfach zuhören und beruhigen. Helfen können wir zum Beispiel auch, indem wir aufzeigen, welche Versicherungen, Mitgliedschaften oder Abonnements gekündigt werden können. „Was kann ich tun, wenn mein Konto gepfändet wird?“ ist eine der Fragen, die wir häufig hören. Wir versuchen jedenfalls immer, zusammen mit unseren Kundinnen und Kunden eine individuell passende Lösung zu entwickeln. Daher wünschen wir uns, dass sich dieses (für Personen aus dem MTK immer kostenlose) Angebot auch in anderen Beratungseinrichtungen sowie in Behörden herumspricht und gerade ältere Menschen den Weg zu uns finden, bevor deren finanzielle Lage eskaliert.
 


Während der offenen Sprechstunde der Schuldnerberatung in Eschborn (ohne Terminvereinbarung) steht Rechtsassessor Thomas Bruckmann von der idh Schuldnerberatung MTK gGmbH für Ratsuchende aller Altersklassen aus dem MTK kostenfrei zur Verfügung.

Die offenen Sprechstunden finden statt:

  • dienstags, 9.30-11.30 Uhr, im Kreishaus in Hofheim (barrierefrei)
  • dienstags, 15.30-16.30 Uhr, in der Christ-König-Kirchengemeinde Eschborn, Hauptstraße 52 (barrierefrei)
  • donnerstags, 16-18 Uhr, im Büro der idh in Hofheim, Hauptstraße 42


www.idh-schuldnerberatung-mtk.de