Die evangelische Kirche, das älteste Gebäude Eschborns

Bereits im frühen Mittelalter war Eschborn eine christliche Gemeinde. In einer Urkunde aus dem Jahre 770, in der Eschborn zum ersten Male namentlich erwähnt wird, schenkten zwei Brüder Ackerland, einen Weinberg und 43 Leibeigene aus dem Dorf Eschborn an das Kloster Lorsch (Bergstraße). Die Schenker taten dies aus dem Grund, damit die Mönche für ihr Seelenheil beten sollten.

Ein Kirchengebäude in Eschborn wird erstmals im Sommer des Jahres 875 erwähnt, als bei einem heftigen Gewitter im Taunus die Wassermassen des Westerbaches Eschborn überfluten und das ganze Dorf und die Kirche samt Altar verwüsten. Dabei kommen 88 Menschen ums Leben, das Vieh ertrinkt und sogar die Toten auf dem Friedhof werden aus ihren Gräbern gespült. So lesen wir in einer alten Chronik im Kloster Fulda.

Bald nach diesem schrecklichen Ereignis wird an derselben Stelle im alten Dorfmittelpunkt  eine neue Kirche errichtet. Ihre Reste befinden sich noch heute unter den Fundamenten unserer jetzigen Kirche.

Eschborn als kirchlicher Mittelpunkt

Eschborn war in dieser frühen Zeit ein kirchlicher Mittelpunkt und Sitz eines eigenen Dekanats mit einem Erzpriester an der Spitze. Er war der  Vorgesetzte von mehr als 40 Kirchengemeinden in der Umgebung.

Das dürfte auch der Grund dafür gewesen sein, dass der Neubau unserer Kirche als dreischiffige Basilika  im romanischen Stil ausgeführt wurde. Bei Kirchenversammlungen, die damals in Eschborn abgehalten wurden, mussten die Delegationen aller zum Dekanat gehörenden Gemeinden hier Platz finden.

Die Kirche wurde im 14. Jahrhundert großzügig umgebaut. Bis zur Reformation 1522 / 26 war die Kirche dem Heiligen Lambertus geweiht. Er war damals der Schutzheilige der Eschborner. Die Ritter von Kronberg, die ihren Ursprung in einer kleinen Turmburg in Eschborn hatten, waren die Patrone der Kirche. Sie durften den Pfarrer auswählen, hatten aber im Gegenzug für die Bauunterhaltung von Kirche und Pfarrhaus zu sorgen. Darauf deuten die drei heute noch im Chor unter der Empore sichtbaren Konsolsteine hin, die die Wappen der Kronberger Herrschaft tragen.

Obwohl Kirche und Kirchturm Eigentum der Kirchengemeinde ist, obliegt die bauliche Unterhaltung des Turmes, einschließlich der Glocken und der Turmuhr,  seit dem Mittelalter der bürgerlichen Gemeinde. Sie muss für die Kosten der Bauunterhaltung aufkommen. Der Grund dafür liegt in der Tatsache, dass die Kirchenglocken früher in Zeiten von Not und Gefahr für alle Eschborner  läuteten; auch die Turmuhr war lange Zeit die einzige öffentliche Uhr des Dorfes.

Eschborn gerät zwischen die Fronten

Die dörfliche Idylle wurde im Dreißigjährigen Krieg jäh unterbrochen, als im Jahre 1622 Eschborn zwischen die Fronten des kaiserlichen Feldherrn Tilly, der die katholischen Truppen befehligte und Herzog Christian von Braunschweig („der tolle Christian“), dem Anführer des evangelischen Heeres, geriet. Dabei wurde das Dorf Eschborn niedergebrannt und auch die Kirche schwer beschädigt. Mit dem Wiederaufbau des Gotteshauses begann man 1624, noch mitten im Krieg.

Da Eschborn seit der Reformation nicht mehr Sitz eines Erzpriesters mit eigenem Dekanat war und damit seine Mittelpunktfunktion verloren hatte, brauchte man auch keine dreischiffige Basilika mehr. Es genügte den Ansprüchen der kleinen Gemeinde daher nur das frühere Mittelschiff der Kirche aufzubauen, ohne die beiden Seitenschiffe, deren Reste abgebrochen wurden. Noch heute sieht man zum Westerbach hin innen die zugemauerten Durchgänge (Arkaden), die früher zu einem Seitenschiff führten. Der Sakristei Anbau mit einem Kreuzgratgewölbe dürfte auf  Resten des früheren westlichen Seitenschiffes stehen.

Um auf der gleichen Grundfläche der Kirche später mehr Platz für die im Laufe der Jahre wachsende Zahl der Gläubigen zu schaffen, errichtete man die dreiseitige hölzerne Empore auf der auch die Orgel steht. Die geschnitzte Kanzel aus Holz stammt aus dem Jahre 1665, das Barockkruzifix  über dem Altar von 1660. Die Kirchenbänke wurden im 19. Jahrhundert eingebaut; sie dienen heute noch als Sitzgelegenheit. Der Altar ist gemauert, mit einer Platte aus schwarzem Marmor.

Der Kirchturm war lange Jahre das Wahrzeichen von Eschborn. Er prägte Jahrhunderte lang das Ortsbild. Sicher gehört er zum ältesten Teil unserer Kirche. Er hat eine Höhe von 36 Metern mit mächtigen dicken Mauern im unteren Teil. Im Jahre 1677 wurde der Turm mit der heute  noch vorhandenen Haube versehen.

Das Kircheninnere und die Fenster sind eher schlicht, die Wände in Weiß gehalten. Allerdings wurden die Decke und die Empore 1926, bei einer Renovierung des Kircheninneren, von dem bekannten Kirchenmaler Prof. Otto Linnemann ausgemalt. Diese schlichten, aber ansprechenden Malereien werden im Zuge der jetzigen Erneuerung der Kirche von Fachleuten restauriert und überarbeitet.

Die Orgel von 1861 stammt von dem bekannten Orgelbauer Friedrich Voigt aus Igstadt bei Wiesbaden. Im Ersten Weltkrieg mussten die Orgelpfeifen aus Zinn abgeliefert werden; sie wurden eingeschmolzen. 1922 wurden sie durch neue Pfeifen ersetzt. Eine umfangreiche Erweiterung erfuhr die Orgel in den Jahren 1967-1970.

Drei Glocken

Im Turm der Kirche hängen heute drei Glocken. Die große Glocke ist auf  “fis“, die beiden kleineren sind auf “a“ und “cis“ gestimmt. Sie stammen alle aus der Glockengießerei Rincker im Lahn-Dill-Kreis.  Im Zweiten Weltkrieg mussten zwei der vorher drei Glocken zum Einschmelzen abgeliefert werden, wie bereits vorher im Ersten Weltkrieg. Das Metall Bronze war ein kriegswichtiger Rohstoff.

Erst 1950 hatte die Eschborner Gemeinde dann genügend Geld gesammelt, das Geläut wieder um zwei auf drei Glocken zu erweitern.

Im Kircheninneren steht an der Wand zur Sakristei hin ein Grabstein aus Sandstein. Er stammt aus dem 18. Jahrhundert und lag bis zu letzten Renovierung des Kircheninneren im Jahre 1986 im Fußboden des Mittelganges. Daher ist die Inschrift durch die vielen Eschborner, die darüber gelaufen sind, nicht mehr lesbar. Erkennbar ist noch ein Abendmahlskelch, was die Vermutung rechtfertigt, dass es der Grabstein eines Pfarrers ist. Leider kennen wir seinen Namen nicht.

Bis vor kurzem waren an der südlichen Außenmauer des Kirchturms zwei Sandsteingrabdenkmäler von früheren Eschborner Pfarrern eingelassen.  Sie befinden sich zurzeit bei einem Steinrestaurator, denn sie waren durch Witterungseinflüsse erheblich beschädigt und die Inschrift nicht mehr lesbar. Da die Grabsteine als Bestandteil des Kirchturmes angesehen werden, trägt auch für deren Renovierung die Stadt Eschborn die Kosten.

Ein Stein stammte vom Grab des Pfarrers Johannes Gärtner, der 1651 in Treisbach bei Wetter im heutigen Landkreis Marburg-Biedenkopf geboren wurde. Er trat seine Stelle in Eschborn 1697 an. Verstorben ist er im Alter von 79 Jahren  am 13. Juni 1730. Aus diesem Jahr stammt auch sein Grabstein.

Das zweite Grabmal ist größer als das von Gärtner und gehört zu dem Eschborner Pfarrer Johann Hulderich Schwalbach. Er wurde am 17. Januar 1694 in Kronberg geboren und war von 1730 an ununterbrochen bis zum Jahre 1773, also 43 Jahre lang, Pfarrer in Eschborn. Zwölf Kinder und dreiunddreißig Enkelkinder trauerten um ihn, als er am 13. Mai 1773 im Alter von 80 Jahren verstarb.

Beide Grabsteine werden nach Abschluss der Renovierungsarbeiten am Kirchturm, im nächsten Jahr wieder an ihren angestammten Platz zurückkehren.

Bemerkenswert ist auch die bronzene Gedenktafel für die Opfer der beiden Weltkriege und des Nationalsozialismus, die ebenfalls an der Außenseite des Kirchturms angebracht ist. Ein großes Bronzekruzifix des Künstlers Knud Knudsen aus dem Jahre 1957 ist über der Ehrentafel angebracht. (Text von Gerhard Raiss)

Summertime, Konzert- und Theaterring oder Kinderkulturprogramm - die Veranstaltungen im Eschborner Kulturleben sind vielfältig. Eine Übersicht finden Sie [hier].